Datenpunktkonzept, Prozessabbild

Die Größen des zu bedienenden bzw. zu überwachenden Prozesses, müssen sich auch in der Software am Leitstand wieder finden. Jedem logischen Zustand, jedem Messwert oder Sollwert muss eine Art Variable entsprechen, die diesen Wert innerhalb des Systems repräsentiert.

Abbildung 1. Abbildung von Zuständen, Vorgaben und Messgrößen auf Datenpunkte (Prozessvariablen)
Datenpunkt Beschreibung Einheit Wert
V02.state.closed Ventil V02 Rückmeldung Endlage geschlossen - TRUE
V02.cmd.open Ventil V02 Befehl Auf - FALSE
...
PI09.value Druckmessung PI09 Istwert bar 2,74
...

In WinCC OA werden diese Variablen des Prozessabbildes "Datenpunkte" genannt. Andere Bezeichnungen für die Träger dieser Information sind je nach Produkt oder auch Region recht unterschiedlich (Tag, Prozessvariable, PV, Item, Point, I/O-Point, …).

Während übliche SCADA Systeme jeder einzelnen Prozessgröße einen eigenen Datenpunkt zuordnen, geht WinCC OA hier einen moderneren Weg: Nahezu alle Informationen des Prozesses gehören logisch zu einem mehr oder weniger komplexen Ganzen: einem Gerät.

Abbildung 2. Signale eines realen Gerätes

Die Praxis zeigt, dass die Anzahl der zusammengehörigen Informationen eines solchen Gerätes typisch zwischen 4 und 30 liegt. Intelligente Einheiten wie Digitalregler, Funktionsmodule, Roboter, ... können diese Zahl bei weitem übertreffen.

Anstatt diese, logisch ohnedies eng verbundenen Größen, nun völlig isoliert voneinander auf unabhängige Variablen umzulegen, definiert WinCC OA hier strukturierte, geräteorientierte Datenpunkte. Die Definition erfolgt in einer Art Baumstruktur mit beliebigen Verzweigungsebenen.

Abbildung 3. Strukturierter Datenpunkt als Abbild eines realen Gerätes (device orientation)

Die Werte der eigentlichen Prozessgrößen werden auf Datenpunktelementen, den äußeren Blättern dieser Baumstruktur abgelegt. Jede Prozessvariable entspricht also einem Datenpunktelement innerhalb eines Datenpunktes. Zusätzlich kann es beliebige Strukturknoten zur übersichtlichen Gliederung der Informationen geben.

Jedes Datenpunktelement wird individuell über die Bezeichnungskette innerhalb der Strukturangesprochen /adressiert. Die Betriebsmeldung "Offen" in obigem Beispiel ließe sich beispielsweise durch:

Schieber.Rückmeldungen.Betriebsmeldungen.Offen

vollständig ansprechen. Natürlich wird man in der Praxis Schreibarbeit einsparen und kürzere Bezeichner verwenden - nichts desto trotz erlaubt WinCC OA hier nahezu unbegrenzte Zeichenketten.

Neben der Namenskonvention und einem Speicherort für den eigentlichen Wert, können am Datenpunkt gewisse leittechnische Funktionalitäten definiert werden. Dabei handelt es sich beispielsweise um eine Wertebereichsüberprüfung, die Definition einer Alarmbehandlung oder eine statistische Berechnungsvorschrift. Solche, am Datenpunktelement definierteFunktionalitäten, werden in WinCC OA "Konfigs" genannt. Es werden nur jene Konfigs definiert, die am jeweiligen Datenpunktelement auch tatsächlich benötigt werden.

Datenpunkttyp und Datenpunkt

Der Anwender kann sich also zu jedem realen Gerätetyp (Antrieb, Ventil, Rührwerk, Regler, Einbruchssensor,…) einen passenden Datenpunkttyp gestalten. Von diesem Datenpunkttyp, einer Art Vorlage, wird dann für jedes reale Gerät ein Datenpunkt abgeleitet. In der objektorientierten Softwaretechnik würde man den Datenpunkttyp eine "Klasse" und die Repräsentation eines individuellen Gerätes (also den Datenpunkt) eine "Instanz" nennen.

Abbildung 4. Datenpunkte Schieber 1 bis 3 als Instanzen des Datenpunkttyps "Schieber"

Das Anlegen und teilweise auch Konfigurieren einer großen Zahl von Prozessgrößen, welche ein Gerät repräsentieren, beschränkt sich somit auf eine einzige Operation. Bereits definierte Datenpunkttypen die ein Modul repräsentieren (z.B. Betriebsstundenzähler), können in der Folge als Ganzes in einen neuen Datenpunkttyp eingesetzt werden. Über solche hierarchisch aufgebaute Datenpunkte ("Typ-in-Typ"), eröffnen neue, sehr effiziente Engineeringmöglichkeiten.

Anmerkung:

Änderungen am Datenpunkttyp werden automatisch auch an den Datenpunkten (Instanzen) wirksam.

Anmerkung:

Im Zusammenhang mit den strukturierten Datenpunkten und deren Vererbungskonzept zwischen Typ und Instanz wird auch oft von Objektorientierung gesprochen. Diese ist nicht vollständig vergleichbar mit der Objektorientierung in höheren Sprachen wie C++, C# oder Java. Vielmehr handelt es sich um die allgemeine Vorgangsweise, Daten und Methoden (Funktionen) als gekapselte Einheiten zu definieren um so ihre einfache und effiziente Wiederverwendbarkeit zu garantieren. Strukturierte Datenpunkte entsprechen also einer Art "Objekt".